Geschichte des Bungeesurfings
Edi ging vor drei Jahren einmal nach Hause und erzählte seine Idee vom Surfen auf dem Fluss seinem Vater. Dieser fing an zu lachen und sagte: “Weißt du, als ich klein war, haben wir genau das Gleiche schon im Rhein gemacht.“ Nur mit einem Holzbrett und einer Schnur, gingen sie „brätteln“ und spielten mit der Strömung des Wassers. Die beiden fingen an zu diskutieren und sein Vater sagte ihm, dass das heutige Bungeesurfen eigentlich schon sehr lange existiert und früher immer wieder auch z.B. auf der Aare „gesurft“ worden ist, dies wurde dann „Aarebrättle“ genannt. Der Ursprung dieser Surfart reicht bis in die Jahre um 1920 zurück, dies geht aus mündlichen Überlieferungen hervor. Diese Art von Surfen wurde weiter entwickelt und man verwendete ein Gummiseil, damit die Elastizität zum Surfen gewährt und mit einem mehr oder weniger besseren Holzbrett im Fluss hin und her gesurft werden konnte. Die Idee mit einem richtigen Surfbrett im Fluss zu surfen, ist noch nicht so lange präsent. Edi hat auch schon einige Amerikaner gesehen, die Bungee surfen, aber über eine ausländische Bungeesurf-Gemeinschaft ist wenig bekannt. In der Schweiz gibt es mehrere Bungeesurfer. Ein Grund dafür ist natürlich, dass die Schweiz „landlocked“, also ein Binnenstaat ist. Die anderen Länder, wie z.B. Deutschland, Frankreich und Italien, haben normale Meerwellen, da wird nicht häufig in einem Fluss gesurft.
Edi und seine Freunde waren anfangs die Einzigen, welche auf der Reuss in Luzern gesurft sind. Vor rund drei Jahren gründeten sie das Label Bungeesurfing Luzern. Damit auch ein professioneller Ansprechpartner für das Surfen im Fluss in Luzern existiert, falls es irgendwelche Probleme gibt oder falls Leute nur Surfen gehen wollen, weil sie es gesehen haben. Er erklärte auch einmal einen ganzen Tag anderen Jungs aus Luzern das System, schulte diese im Surfen und erklärte ihnen, was alles geschehen kann.
Edi sagt aber auch, dass er diese Sportart nicht alleine erfunden hat. Es gab vor ihm schon eine Gruppe aus Bern, die dies seit mehr als 10 Jahren betreibt. Die Berner Bungeesurfer wuchsen jedoch in einer Flussstadt auf, welche eine solche "Surf" Tradition aufweist.
Jeder badet im Fluss oder lässt sich mit einem Boot den Fluss von Thun nach Bern treiben, was übrigens „Aareböötle“ genannt wird. Edi und seine Kollegen haben es an einem warmen Sommertag für sich entdeckt und probierten es in der Reuss aus. Sie dachten, dass es doch noch auf eine andere Art gehen muss und suchten anschließend im Internet nach nützlichen Informationen. So stießen sie auf Bungeesurfing Bern und bemerkten, dass sie Bungeeseile benutzten. Die Luzerner fragten die Berner, wie das alles funktioniere. Sie waren sehr offen und hilfsbereit, berieten sie, welche Seile gut seien und wie sie das in Bern machen würden. Auch das Thema Sicherheit wurde miteinbezogen, da dies ein sehr wichtiger Aspekt ist, den es zu beachten gilt. Das Bungeeseil zieht einen hoch und ist aus Gummi. Wenn jemand z.B. fällt, kann sich im allerschlimmsten Fall das Seil um etwas wickeln, von dem man nicht mehr los kommt. Aber dies sei noch nie passiert, weil immer mindestens eine Person auf der Brücke steht und das Seil sofort durchschneiden würde, falls etwas passieren sollte.
Die Berner sind den Luzernern in Sachen Bungeesurfing also voraus. Sie haben auch einige Bungeesurf- regeln erstellt. Es gibt Aspekte, wie: Gehe nie alleine surfen, nimm immer ein Messer mit, Vorsicht bei Schwimmer und Booten. In Bern ist dies ein Muss, da es so viele Leute auf der Aare gibt und immer aufgepasst werden muss. Als Bungeesurfer ist man immer die Person, welche verantwortlich ist, dass keinem etwas passiert. Nun ist das Schwimmen in der Reuss jedoch sehr populär geworden, die Folge davon war, dass sog. Bademeisterhäuschen aufgestellt wurden. So muss jetzt auch als Bungeesurfer in Luzern sehr aufgepasst werden. Das Letzte was sie wollen sei, dass gesagt werde, Bungeesurfen sei gefährlich. Auf Grund dessen, schaut jeder Bungeesurfer in der Schweiz, dass er mindestens diese Regeln einhält. Edi erzählte mir, dass schon mehrere Male die Polizei bei ihnen war und sie werden oft gefragt, ob dies überhaupt legal sei. Als das Bungeesurfing Luzern noch neu war, wurde natürlich ein Angler auf die Surfer aufmerksam. Er war verärgert, da er genau an dieser Stelle angeln wollte, wo die Surfer im Wasser waren. Damit alles gut abläuft, muss jeder aus dem Team Luzern immer vollen Einsatz zeigen, denn von nichts, kommt nichts.
Roman Meister von Gravity Kings hat auch die Bungeesurfer in Luzern besucht
Förderung des Surfens in der Schweiz
Surfen kann zum Beispiel nicht mit Fußball verglichen werden. Edi sagte mir, dass das Surfen in der Schweiz schon eine gewisse Tradition aufweise, aber es muss den Surfern immer bewusst sein, dass wir eigentlich ein Land der Berge sind. Der Ozean ist weit entfernt. Mittlerweile zeichnet sich jedoch schon ein klarer Surf Trend ab. Die Leute wollen das Surfen für sich entdecken und buchen so Reisen auf Bali, nach Costa Rica, Portugal, usw. Es wird sich jedoch darauf beschränken, dass mittelfristig mehr sog. „WavePools“ gebaut werden. Dass das Surfen in der Schweiz jedoch einen ganz großen Boom erleben wird, daran glaube er nicht, da hierzulande das Surfen ganz klar eine Randsportart sei und es auch bleiben werde. Es wird weder kommerziell gesponsert, noch in irgendeiner Art gefördert. Darüber ist er auch froh, da es nicht Schlimmeres gäbe, als dass ein Surfer irgendwo anstehen muss, bis gesurft werden darf. Dies hätte mit dem eigentlichen Surf Spirit absolut nichts mehr zu tun.
Es ist jetzt ein Trend, aber man kann nie wissen, was in ein paar Jahren sein wird. Edi ist sich sicher, dass es immer in einem kleinen Rahmen bleiben wird. Sicher ist, dass neue Entwicklungen, wie z.B. die sogenannten „WavePools“ aufkommen werden. In Bremgarten (AG) gibt es schon seit längerer Zeit eine sehr populäre Flusswelle. Zudem wird die Flusswelle Bern (stehende Welle im Fluss) bald realisiert. Für die wenigen Leute (geschätzt gibt es ca. 30`000 Surfer in der Schweiz) wird es jedoch eine gute Option sein, damit nicht ständig ins Ausland gefahren werden muss und die Surf Kultur weiterhin im eigenen Land gepflegt werden kann. Alter spielt beim Bungeesurfen keine Rolle, betont Edi.
Er erzählte mir eine lustige und interessante Geschichte zugleich. Als er nach der Gründung von Bungeesurfing Luzern einmal die Idee hatte ein „Open-Surf“ in Luzern zu veranstalten, erstellte er einen Event auf Facebook. Es meldeten sich 150 Personen fix an und es gab über 1000 Interessierte. Da bekam er einen kleinen Schrecken und schlief die folgenden Tage nicht mehr so gut. Am Morgen des „Open-Surf“ regnete es und er dachte schon, dass keiner kommen würde. Dem war nicht so. 5 Surfer klopften ihn aus seinem Haus und wollten surfen gehen. Er willigte nach einiger Zeit ein, da er ja sowieso nass werden würde. Bis am Abend waren pro Stunde ca. 50 Surfer vor Ort. Das Wetter wurde immer besser und es war schlussendlich ein toller Tag. Daran sieht man, dass eine große Nachfrage für das Surfen in der Schweiz besteht.
Edi's Geschichte
Edi fing im Alter von 12 Jahren mit dem Windsurfing an, er betrieb es häufig, auch an Wochenenden ging er oft ins Tessin und nach Südfrankreich. Er ging „Gewitter-Windsurfen“, für welches er immer die ganze Ausrüstung bereit hatte. Aber man wird älter und kann nicht immer dem Wind hinterherrennen. Aus diesem Grund entdeckte er das Bungeesurfing. Edi erkannte, dass er dies nach der Arbeit praktisch jeden Tag vor der Haustüre ausüben kann. Es ist nicht spektakulär, aber ein sehr gutes Training für das richtige Surfen und es fördert den Umgang mit dem Brett. Beim Bungeesurfen kann Edi draußen in der Natur sein und Zeit auf dem Wasser verbringen. Dies schätzen auch alle Mitglieder des Bungeesurfing Luzern. Es ist greifbar, es muss nichts bezahlt werden, es verursacht keine Lärmemissionen und benötigt keine Elektrizität. Nötig ist nur ein Fluss, das Bungeeseil und motivierte Menschen.
Das Bungeesurfing Team Luzern besteht zurzeit aus 9 Leuten. Es gibt jedoch flussabwärts noch einige andere Gruppen, welche auch Bungeesurfen. Manchmal kommen auch Leute vorbei, die sich für die Surfart interessieren und es ausprobieren möchten. Ab und zu laden sie auch mehrere Leute ein, oder sie veranstalten einen Ladies-Surf.
Material
Wie schon gesagt, braucht es für das Bungeesurfing eigentlich nur zwei Sachen: Ein Bungeeseil und ein Surfbrett. Es wird auch empfohlen einen Neoprenanzug anzuziehen, da der Surfer so besser geschützt ist und die Temperaturen in der Schweiz nicht karibische Werte aufweisen. Das Surfbrett ist meistens ein Shortboard, mit Longboards wird weniger gesurft.
Zudem braucht es zwei sog. "Ropecutter", um im Notfall das Seil durchschneiden zu können.
Technik
Die Technik scheint nicht so schwierig. Der Surfer packt sich das Handle und das Surfbrett und lässt sich den Fluss hinuntertreiben. So überträgt sich der Wasserdruck auf das Bungeeseil. Das Seil wird lang und dehnt sich. Sobald der Wasserdruck erreicht ist, positioniert der Surfer seine Knie auf dem Brett und steht auf. Dies ist ein sogenannter Wakeboard-Start. Sobald die Person aufgerichtet auf dem Brett steht, zieht sich das Seil zusammen und der Surfer wird so schnell beschleunigt. Es wird gesurft, bis wieder abgedreht werden muss, da die Brücke erreicht ist und das Seil ungespannt neben einem im Wasser schwimmt. Und so geht es wieder von vorne los.
Es können auch einige kleine Tricks gemacht werden, wie z.B. ein 5er, Seven Twenty oder einfach die ganze Fahrt «hinaufsliden», „sprayen“ oder einen «Handle-Pass» machen. Nach einigen Tagen Surfen, muss Edi eine Pause machen und z.B. Windsurfen gehen, damit es ihm nicht zu langweilig wird.
Orte
Luzern
Das Bungeesurfing wird, wie oben erwähnt, in Luzern auf der Reuss von mehreren Gruppen ausgeführt. Allen voran natürlich das Bungeesurfing Team Luzern. Das Seil wird an der Geissmattbrücke befestigt. Die Gruppe ist sehr aktiv auf Instagram und Facebook, wo sie auch Events ankündigen. (1)
Bern
In Bern wird es beim «Chräbsebächli» ausgeführt. Zwei Berner bieten auf ihrer Website Kurse an, welche jeweils am Samstag stattfinden. (2)
Zürich
Auf Facebook gibt es eine Bungeesurf Gruppe, welche u.a. auf der Limmat unterwegs ist. Ein Link dazu findet ihr unten.
Zudem bin ich im Internet auf eine Seite eines angeblichen Bungeesurf-Vereins gestossen, der bis Sommer 2015 in Zürich/Schaffhausen Bungeesurfing betrieben hatte. Ich bin jedoch nicht sicher, ob es diesen Verein noch gibt oder ob dieser aufgelöst wurde.
Meine persönlichen Erfahrungen
Ich habe Edi in den Sommerferien getroffen. Die ganzen Informationen über das Bungeesurfing hat er mir persönlich erzählt. Als ich ihm eine Mail geschrieben habe, rief er mich gleich darauf an und er erzählte mir von einer Surf Veranstaltung und fragte mich, ob ich auch kommen würde. Ich sagte gleich zu und fuhr am Mittwoch, den 3. August 2017 mit meinem Freund nach Zürich. Am Nachmittag ging ich auf der «Citywave» surfen, so konnte ich diese zwei Sachen direkt verknüpfen. Wir trafen Edi abends in der «Soerf PopUp Bar» (3) in Zürich Altstetten, da dort am gleichen Abend ein Vortrag der Schweizer Surfszene, über drei verschiedene Projekte stattfand. Zuerst habe ich mit ihm geredet und er hat mir die Welt des Bungeesurfings nähergebracht. Es war sehr spannend zu erfahren wie es entstanden war und was er sonst noch in den letzten drei Jahren erlebt hatte. Auch der Ort des Interviews war natürlich der Hammer. Es ist eine Bar, welche nur im Sommer geöffnet ist und selbstverständlich mit dem Thema Surfen in Verbindung steht. Es hängen überall Surfbretter und Surf Fotos an den Wänden und das Design ist einer Strandbar ähnlich. Während ich mit ihm das Interview führte, bereiteten hinter uns einige Personen den Vortragsabend vor. Es wurde geplaudert und gegessen. Ich unterhielt mich ca. eine Stunde mit Edi. Er schlug mir vor, an einem Samstag nach den Ferien an einem „Ladies-Surf“ teilzunehmen, wofür ich mich sofort anmeldete. Leider fand dieser Surf- Anlass aufgrund des schlechten Wetters nicht statt. Ich werde aber sicher ein anderes Mal nach Luzern reisen, um dort mit ihm zu surfen.